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Familienrecht Ehewohnung Zuweisung

Zuweisung der Ehewohnung, wenn diese im Alleineigentum eines Ehegatten steht

Wenn sich Eheleute trennen, kommt es immer wieder dazu, dass sich die Eheleute nicht einigen können, wer in der Ehewohnung verbleiben darf. In solchen Fällen muss notfalls das Familiengericht über die Zuweisung der Ehewohnung entscheiden. In diesen Fällen hat das Familiengericht zu prüfen, ob einer der Eheleute auf die Wohnung mehr angewiesen ist als der andere.

So musste auch das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 18.7.2022 (6 UF 87/22) über eine Wohnungszuweisung entscheiden, bei der die Ehewohnung im Alleineigentum eines Ehegatten stand.

Entscheidung des Familiengerichts bezüglich der Zuweisung der Ehewohnung

Im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens forderten beide Ehegatten wechselseitig, dass die Ehewohnung einem allein zugewiesen wird. Die Antragstellerin begehrte auch nach rechtskräftiger Scheidung mit ihren drei Kindern (13, 12, und 8 Jahre alt) in der kreditfinanzierten Drei-Zimmer-Ehewohnung bleiben zu dürfen.

Der Antragsgegner hatte während der Ehezeit keinen Trennungs- und keinen Kindesunterhalt gezahlt. Während der Trennung wurde der Antragstellerin die Ehewohnung zugewiesen. Als Gegenleistung wurde sie verpflichtet, dem Antragsgegner eine monatliche Nutzungsentschädigung zu zahlen. Sie machte aber keine Anstalten, sich eine eigene Wohnung zu suchen. Sie hatte sogar darauf verzichtet, sich um staatlich geförderten Wohnraum zu bewerben. Ungeachtet dessen wies das Familiengericht der Antragstellerin die Ehewohnung auch nach Inkrafttreten der Scheidung zum 31.08.2022 zu.

Aus Sicht des Familiengerichts musste ihr die Ehewohnung zugewiesen werden, um eine ungerechte Härtefallsituation zu vermeiden, da sie derzeit über keine Ersatzwohnung verfügt und ein sofortiger Umzug mit den Kindern nicht ohne weiteres möglich sei.

Gegen die Entscheidung des Familiengerichts wurde sodann Berufung zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main erhoben.

Entscheidung des Oberlandesgerichts (Familiensenat) in zweiter Instanz

Das Oberlandesgericht hat die Entscheidung des Familiengerichts geändert und die Ehewohnung ab Rechtskraft der Scheidung dem Antragsgegner zugewiesen. Weiter hat es die Antragstellerin verpflichtet, bis zum 31.12.2022 die Wohnung zu räumen. Die Antragstellerin hatte nach Auffassung des Oberlandesgerichts keinen Rechtsanspruch auf Bereitstellung der Unterkunft gemäß § 1568 a Abs. II BGB. Demnach muss eine Übertragung notwendig sein, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Daran müssen hohe Anforderungen gestellt werden. Es ist nicht genug, dass der Umzug mit erheblichen Unannehmlichkeiten, auch für die gemeinsamen Kinder, verbunden ist. Die Schwelle wird auch nicht herabgesetzt, wenn der tatsächlich Berechtigte keine Unterhaltszahlungen leistet und derjenige, der die Abtretung beantragt, aufgrund finanzieller Probleme keine Ersatzwohnung finden kann, die der Ehewohnung vergleichbar ist. Die Zuweisung der früheren Ehewohnung soll nicht zu einer Art Naturalunterhalt führen, mit dem das Defizit an Unterhalt ausgeglichen wird.

Das Urteil des Oberlandesgerichts muss vor dem Kontext der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gesehen werden. Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass der Alleineigentümer „seine“ Ehewohnung nicht innerhalb der Ein-Jahresfrist des § 1568 a Abs. VI BGB gemäß § 985 BGB zurückfordern kann, sondern die Überlassung gemäß § 1568 a BGB hinnehmen muss.

Bisherige Rechtslage bezüglich der Zuweisung der Ehewohnung

Es ist bisher noch nicht endgültig geklärt, ob das Recht des Alleineigentümers verlangt, dass er gemäß § 1568 I BGB stärker auf die Ehewohnung angewiesen ist oder ob es ausreicht, wenn der andere Ehegatte gemäß § 1568 II BGB nicht mit unbilligen Härten konfrontiert wird. Das OLG Frankfurt am Main schließt sich der letztgenannten Ansicht an.

Letztlich zeigt auch diese Entscheidung, dass es sich bei der Frage der Wohnungszuweisung immer um eine Entscheidung im Einzelfall handelt, welche nicht pauschal beantwortet werden kann. Es kommt insbesondere darauf an, welcher der Ehegatten mehr auf die Wohnung angewiesen ist. Spätestens nach Rechtkraft der Scheidung wird aber auch darauf abzustellen sein, ob einer der beiden Ehegatten Alleineigentümer der Ehewohnung ist.

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